Andacht zu Psalm 97,1: „Der HERR ist König“
Stolpern Sie auch manchmal über dieses Wort „HERR“,
„Gott, der HERR“?
Dieses Wort stammt aus einer Zeit,
als es noch Herren und Knechte gab -
Herren, die befahlen,
und Knechte, die zu gehorchen hatten.
Diese Zeit ist auch in unserem Land noch gar nicht so lange her.
Mein Großvater, der ein Landwirt war, wie mein Vater,
hatte noch Knechte, die auf dem Hof für ihn arbeiteten.
Damals aßen alle zusammen an einem Tisch,
und wenn mein Großvater mit dem Essen fertig war,
mussten auch die Knechte aufstehen.
Mein Großvater war ein schneller Esser.
„Wie ich arbeite, so esse ich“, pflegte er zu sagen.
Die Knechte mussten sich beim Essen mächtig beeilen,
wenn sie satt werden wollten.
Solche Zeiten sind zum Glück vorbei.
Aber in der Bibel finden wir sie sozusagen verewigt.
Da wird Gott alle naselang „HERR“ genannt.
In uns modernen Menschen lehnt sich etwas dagegen auf,
dass es einen „Herrn“ geben sollte - und sei es Gott.
Wir leben in einer freiheitlichen Demokratie.
Wir schätzen unsere Freiheit.
Es gehört für uns mit zum Wichtigsten,
niemandes Knecht zu sein,
sein eigener Herr zu sein.
Außerdem haben viele Menschen
ein Gespür dafür bekommen,
dass unsere Namen für Gott
Gott auf ein Geschlecht festlegen:
Wenn wir Gott „Herr“ oder „Vater“ nennen,
denken wir unwillkürlich an einen Mann.
So wird Gott ja auch dargestellt:
Ein alter, weißer Mann mit Bart.
Aber Gott ist kein Mann.
Gott ist auch keine Frau.
Gott ist weder männlich noch weiblich,
oder Gott ist beides zugleich.
Jedenfalls kann man Gott nicht auf ein Geschlecht festlegen.
Unsere Sprache tut das aber:
Das Wort „Gott“ ist männlich.
DER Gott.
Dabei steht an den meisten Stellen,
an denen in der Bibel Gott „HERR“ genannt wird,
im Hebräischen Text etwas ganz anderes.
Dort stehen vier Buchstaben: J, H, W und H.
Diese vier Buchstaben bilden den unaussprechlichen Namen Gottes.
Weil es nur Konsonanten sind,
kann tatsächlich niemand mit Gewissheit sagen,
welchen Namen diese vier Buchstaben einmal gebildet haben.
Es wurde ein frommer Brauch,
für die vier Buchstaben des Gottesnamens
ein anderes Wort einzusetzen,
eben das Wort „HERR“.
Wobei dieses „Herr“ zunächst nichts weiter als eine Anrede ist -
wie bei uns „Herr Meier“ oder „Frau Ministerpräsidentin“.
Wenn wir also zu Gott „Herr“ sagen,
ist das eine Anrede, zu der uns noch der Name fehlt.
Die Anrede „Herr“ ist eine Höflichkeitsfloskel,
ein Zeichen des Respektes.
Wenn wir Gott „Herr“ nennen,
drücken wir damit unseren Respekt vor Gott aus.
Wir geben damit vielleicht auch zu verstehen,
dass wir Gott als Herrn über unser Leben anerkennen.
Dass wir uns Gott unterordnen,
weil er es gut mit uns meint.
Gott wird uns nicht klein machen oder übers Ohr hauen,
uns nicht ausbeuten oder antreiben.
Gott will Gutes für uns,
will, dass unser Leben gelingt,
dass wir Glück und Freude erleben.
Diesem Herren können wir uns anvertrauen.
Und vielleicht können wir mit Jesus auch sagen:
Herr, dein Wille geschehe.
EG 379,1-4 Gott wohnt in einem Lichte.