Mittwoch, 5. Februar 2020

Wegweisung

Andacht zu Psalm 86,11:
„Weise mir, Herr, deinen Weg,
dass ich wandle in deiner Wahrheit.“

Ist man fremd an einem Ort,
achtet man auf Straßenschilder
und ist froh, dass es Hinweise gibt
auf Sehenswürdigkeiten, Unterkünfte
oder das stille Örtchen,
das man manchmal so dringend braucht.
Lebt man länger an einem Ort,
kennt man sich aus
und achtet der Wegweiser nicht mehr.
Man weiß jetzt, wo's langgeht.

Auf unserem Lebensweg gab es viele,
die uns den Weg wiesen:
Eltern und Großeltern,
Verwandte,
Lehrer,
der Pastor,
Ausbilder oder Dozenten,
Vorgesetzte.
Sie alle sagten mehr oder weniger bestimmt,
wo's langgeht im Leben
und erwarteten, dass wir uns an ihrer Weisung orientierten.
Und wir taten, was sie uns sagen - mehr oder weniger.

Bis der Tag kam, an dem wir meinten,
nun wüssten wir selbst Bescheid,
an dem wir uns selbst unseren Weg wählten.
Seit diesem Tag lassen wir uns nicht mehr hineinreden
in unser Leben, von niemandem.
Jetzt bestimmen wir - und wir allein -,
wie unser Lebensweg verläuft.
Manche möchten sogar darüber bestimmen,
wann und wie dieser Weg einmal endet.

Quer zu diesem Wunsch, über sein Leben zu bestimmen,
steht die Bitte: „Weise mir, Herr, deinen Weg“.
Will man das wirklich,
sich seinen Weg von einem anderen vorgeben lassen?
Selbst, wenn dieser andere Gott ist?
Will man sich wirklich noch einmal klein fühlen,
wie ein Fremder, ein Zugezogener, ein Kind?

Wer bereit ist, sich den Weg zeigen zu lassen,
verlässt die alten, gewohnten Bahnen.
Lernt einen neuen Weg kennen,
von dem er bisher nichts wusste.
Entdeckt Sehenswürdigkeiten,
die er selbst nie gefunden hätte.
Wird auf Schönheiten aufmerksam gemacht,
die er selbst übersehen hätte.

Sich von Gott den Weg weisen zu lassen,
erhält jung und macht wieder jung -
nicht körperlich, sondern geistig.
Lässt einen überraschende, neue Dinge entdecken
und sein Leben der Aufrichtigkeit, der Wahrheit
und der Liebe widmen.


EG 361,1-4 Befiehl du deine Wege