Gedanken zum Predigttext des 1.Weihnachtstages Jesaja 52,7-10
Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten, der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt, der da sagt zu Zion: Dein Gott ist König! Deine Wächter rufen mit lauter Stimme und jubeln miteinander; denn sie werden’s mit ihren Augen sehen, wenn der Herr nach Zion zurückkehrt. Seid fröhlich und jubelt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der Herr hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst. Der Herr hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.
Liebe Schwestern und Brüder,
dieses Jahr haben wohl alle nur einen Wunsch zu Weihnachten: Dass die Ausnahmesituation, die das Corona-Virus verursacht hat, endlich vorüber geht, und dass alles wieder so wird, wie es vor der Pandemie war.
Einen ähnlichen Wunsch hatten schon die Bürgerinnen und Bürger Jerusalems, die im 6. Jh. vor Christus ins Exil verschleppt worden waren: Sie wollten nach Hause, nach Zion, wie die Stadt Jerusalem auch genannt wurde. Ihnen bringt der Prophet Jesaja die gute Nachricht, dass sie zurückkehren können. Und dass auch Gott nach Zion zurückkehrt, obwohl der Tempel noch in Trümmern liegt.
Bilder einer Stadt in Trümmern kennen wir aus den Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt: Das abgebrannte Flüchtlingslager von Moria, oder die zerstörte Stadt Homs in Syrien. Die älteren von uns erinnern sich an die vom Krieg zerstörten Städte in unserem Land. Die Narben des Krieges kann ein geübtes Auge noch heute an vielen Gebäuden entdecken.
Zerstörung und Wiederaufbau haben unsere Städte verändert. Manche Stadt hat sich nach dem Krieg völlig verwandelt, manche hat ihr Gesicht verloren. So war es auch in Jerusalem: Die Stadt war nach der Rückkehr der Exilierten nicht mehr dieselbe. Der zweite Tempel, der nach dem Exil gebaut wurde, hatte wenig gemein mit dem Tempel, dessen Beschreibung wir in der Bibel finden.
Auch nach der Corona-Pandemie wird nicht alles einfach so sein und weitergehen wie früher. Es hat sich etwas verändert. Wir haben uns verändert. Wir sind selbstloser geworden. Wir tragen Masken, obwohl das noch immer ungewohnt und unbequem ist, um andere nicht zu gefährden. Wir halten Abstand, obwohl wir uns nach Berührung, nach einer Umarmung sehnen, um das Virus nicht zu verbreiten. Wir machen uns Gedanken um Menschen, die eine Corona-Infektion nicht oder nur schwer überstehen würden und versuchen, sie besonders zu schützen und auch, sie nicht allein zu lassen - obwohl wir sie oft gar nicht kennen.
Dieses selbstlose Verhalten haben manche schon vor der Pandemie geübt. Aber jetzt sind es viel, viel mehr, die Rücksicht auf andere nehmen. Die nicht zuerst an sich denken, sondern fragen, wie es ihren Mitmenschen geht, und was sie brauchen. Das ist, bei allem Schlimmen und Schweren, das die Pandemie uns gebracht hat, etwas sehr Schönes und Wertvolles. Es macht zuversichtlich, dass wir unser Zusammensein menschlicher gestalten können. Und es weckt die Hoffnung, dass wir auch die anderen großen Herausforderungen meistern werden, die uns erwarten: Den Klimawandel. Die gerechte Verteilung von Nahrung, Wohlstand und Wissen auf der Welt. Die Befreiung von Menschen aus politischer oder religiöser Unterdrückung. Das Ende der Benachteiligung, die noch immer viele wegen ihres Geschlechtes erfahren, wegen ihrer Hautfarbe oder ihrer Herkunft, oder wegen ihrer Lebensweise.
Es sind große Herausforderungen. Aber wir haben auf die Herausforderung durch die Corona-Pandemie so selbstlos, beherzt und einfühlsam reagiert, dass ich glaube: Mit Gottes Hilfe können wir es schaffen!
Amen.