Gedanken zum Predigttext für den Altjahrsabend, 31.12.2020, 2.Mose 13,20-22:
Der Herr zog vor dem Volk Israel her, am Tage in einer Wolkensäule, um sie den rechten Weg zu führen, und bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten, damit sie Tag und Nacht wandern konnten. Niemals wich die Wolkensäule von dem Volk bei Tage noch die Feuersäule bei Nacht.
Am Jahresende blicken wir zurück auf das vergangene Jahr und voraus auf das Jahr, das vor uns liegt. In diesem Jahr wird es dazu mehr Gelegenheit geben als sonst. Weil die Silvesterfeiern und die Böllerei ausfallen müssen, wird es stiller sein als jemals sonst beim Jahreswechsel. In normalen Jahren blickt man zwar auch zurück und voraus. Aber das, was man erwartet, ist doch meistens das selbe wie im vergangenen Jahr - die alljährlichen Familienfeste, die Feiern im Freundeskreis, der Urlaub, die beruflichen Pflichten und das, was in Haus und Garten im Laufe eines Jahres zu tun ist - Alltag, eben. Dieser Alltag ist für die meisten von uns in diesem Jahr komplett ausgefallen. Und es sieht so aus, als ob es noch eine Weile dauern wird, bis wieder Normalität einkehrt. Dabei ist gerade sie das, was wir uns am sehnlichsten für das neue Jahr wünschen. Wir wollen nichts Neues, wir wollen nichts ändern, wir wollen nur wieder in den Urlaub fahren, uns mit Freunden, Nachbarn oder Verwandten treffen, tanzen oder auf Konzerte gehen können. Wir wollen, um es mit einem Bild der Bibel zu sagen, zurück zu den Fleischtöpfen Ägyptens. Statt dessen irren wir in einer Art Wüste umher. Eine Beziehungs-Wüste, in der wir kaum Kontakte haben dürfen. Eine Erlebnis-Wüste, in der alles, was Spaß macht, geschlossen oder verboten ist. Unser Alltag ist ähnlich eintönig wie der des Volkes Israel auf seiner Wanderung. Vergessen die Erniedrigung, Ausbeutung und Unterdrückung in Ägypten. Vergessen das Gefühl der Befreiung beim Durchzug durchs Rote Meer, der Rausch der Freiheit. Wie übersteht man eine solche Durststrecke, wie die Wüste sie im wahrsten Sinne des Wortes ist? Wie überstehen wir die Durststrecke der Corona-Maßnahmen?
Dem Volk Israel ging Gott in einer Wolken- und Feuersäule voran. Damit hatten sie etwas, woran sie sich orientieren konnten. Sie hatten ein Ziel vor Augen. Zugleich wussten sie, dass sie auf dieser Durststrecke nicht allein waren. Sie würden sich nicht verirren, sondern das Gelobte Land erreichen.
Unsere Wolken- und Feuersäule ist die Bibel. Sie kann uns nicht vorangehen, sie ist ja ein Buch. Die Bibel liegt uns voraus. So alt sie ist, ist sie uns doch immer einen Schritt voraus. Denn sie sieht von einer anderen Warte auf unser Leben, als wir es könnten - wir stecken ja mittendrin. Die Bibel dagegen nimmt Gottes Position ein. Sie sieht quasi von oben auf unser Leben, sieht es als Ganzes, kennt sein Ziel und das gute Ende, das unser Leben nehmen wird. Darum lohnt es sich, in der Bibel nach Orientierung zu suchen auf der jetzigen Durststrecke und auf den Durststrecken unseres Lebens. Wir werden damit nicht ins Gelobte Land gelangen - nicht in diesem Leben jedenfalls. Aber wir werden neue Wege finden. Wege, von den wir jetzt vielleicht noch nichts ahnen.
Ein frohes und gesegnetes neues Jahr!