Predigt an Christi Himmelfahrt, 13.5.2021, über Epheser 1,22f:
An Christi Himmelfahrt schauen wir in den Himmel – fragend, ob das Wetter hält, wenn wir draußen Gottesdienst feiern. Und irgendwie auch erfüllt von einer gewissen feierlichen Stimmung: Christus ist jetzt im Himmel, „sitzend zur Rechten Gottes”.
Versucht man aber, sich das vorzustellen, kippt die ernste Feierlichkeit unweigerlich ins Komische: Jesus, wie er auf einer Wolke sitzt und mit den Beinen baumelt – sollte das mit „Gott hat ihm alles zu Füßen gelegt” gemeint sein? Dass Jesus hoch über uns sitzt und auf uns herabsieht, wie wir, klein wie Ameisen aus dieser Perspektive, hier herumwimmeln? Man könnte den Kopf schütteln über einen so einfältigen Gedanken. Der Himmel Gottes ist doch nicht der Himmel über unseren Köpfen! Das haben uns sowohl Kosmo- wie Astronauten bestätigt.
Weißt du, wo der Himmel ist? Hilft es, auf der Suche nach Gottes Himmel an himmlische Momente zu denken, himmlische Genüsse? Ist Gottes Himmel da, wo wir im Genießen ganz bei uns sind, wo wir vergehen vor Wonne und Seligkeit? Ist Gottes Himmel in uns?
Manche Menschen haben ein so großes Selbstbewusstsein, dass ein Himmel es nicht auszufüllen vermöchte. Aber die meistens von uns würden wohl bei dem Gedanken erschrecken, einen ganzen Himmel in sich bergen zu müssen, mit allen Engeln und Gottes Thron.
In einer Science-Fiction-Komödie, dem Film „Men in Black”, spielt ein Anhänger am Halsband einer Katze eine wichtige Rolle, der eine ganze Galaxie beherbergt. Vielleicht ist Größe relativ, und ein Himmel kann in einer Nussschale Platz finden. Jedenfalls ist schon ein winziges Samenkorn ein Kosmos für sich, das uns überrascht und verzaubert, wenn es keimt und sich zu einer Pflanze oder gar einem Baum entwickelt, der uns schon bald über den Kopf wächst.
Weißt du, wo der Himmel ist? Der Predigttext weist uns an, statt nach oben zu schauen, uns untereinander umzusehen, in der Gemeinde. Die Gemeinde ist der „Leib Christi”. Daraus kann man folgern, dass der Himmel, in den Christus aufgefahren ist, die Gemeinde ist. Die Gemeinde – der Himmel?
Es gibt Momente, da machen Menschen einander das Leben zur Hölle. Und manchmal können Menschen die Hölle sein: Wenn sie lautstark eine Party feiern, während man für eine Prüfung lernt, oder den Rasen mähen, während man sich im Garten unterhalten will. Wenn sie andere Menschen beschimpfen oder bedrohen, weil sie die falsche Hautfarbe, die falsche Herkunft oder die falsche Meinung haben.
Aber so, wie Menschen die Hölle sind, können sie auch der Himmel sein. Nicht umsonst sagen wir, wenn uns eine überraschende Freude bereitet wird: Du Engel! Wir haben Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft erlebt, wo wir sie nicht erwarteten oder nicht darauf zu hoffen wagten. Wir waren selbst Engel für andere, haben geholfen oder ihnen ein Lächeln geschenkt.
Aber nicht deshalb ist die Gemeinde der Himmel, weil hier so viele gute, freundliche, hilfsbereite Menschen zusammenkommen. Sie wäre auch der Himmel, wenn wir es nicht wären. Und sie ist der Himmel, auch wenn wir nicht jede und jeden mögen, nicht mit allen gut können. Sie ist der Himmel, gerade weil wir so unterschiedlich und vielfältig sind: eine Fülle an Lebensentwürfen und Meinungen, an Geschichten und Ideen, an Schicksalen und Erfahrungen. Die Gemeinde „ ist die ganze Fülle dessen, der alles in allem erfüllt: Christus”. In dieser Fülle der Gemeinde ist Christus gegenwärtig, der nicht eine einzige Hautfarbe, ein einziges Geschlecht, eine einzige Meinung, eine einzige Art zu glauben, zu leben und zu lieben erwählt hat, sondern in der Fülle erfahren und gefunden werden will.
Weißt du, wo der Himmel ist? Der Himmel ist hier, mitten unter uns, die wir einander manchmal die Hölle auf Erden bereiten. Unter uns ist die himmlische Fülle, ist Christus gegenwärtig.