Sonntag, 1. Oktober 2023

worauf es ankommt

Dialogpredigt am Erntedanktag, 2.10.2023, über Lukas 12,15-21

Liebe Schwestern und Brüder,


im Lukasevangelium erzählt Jesus eine Geschichte

von einem Mann, dem große Ackerflächen gehörten.

In diesem Jahr hatten seine Felder

eine besonders reiche Ernte gebracht.

So viel, dass der Platz in seinen Scheunen nicht reichte

für all das Korn.


Er überlegte: Was soll ich bloß machen?

Ich kann doch die Ernte nicht draußen liegen lassen!

Dann verfault alles, oder die Vögel und Tiere fressen es auf.

Ich kann doch die Ernte nicht einfach wegwerfen!


Ja, was soll der arme reiche Mann machen?

Was soll er tun mit seiner großen Ernte?


Wir haben hier auch eine große Ernte zusammengetragen.

Im Dom wäre noch viel, viel mehr Platz -

bestimmt viel mehr, als der reiche Mann gebraucht hätte.


Wir haben hier zum Glück nicht so viele Erntegaben,

dass kein Platz mehr im Dom wäre:

wir haben aber sehr viele verschiedene Gaben.


Seht doch nur, wie prächtig der Altar geschmückt ist!

Hier ist ein großer Reichtum versammelt.

Wie viel unterschiedliche Früchte wir essen können, jeden Tag!


Wir müssen nicht warten, bis sie reif werden

und müssen nicht auf sie verzichten,

wenn es sie bei uns nicht zu ernten gibt.

Das ganze Jahr über können wir Äpfel

und vieles andere Obst kaufen,

das früher nur zu bestimmten Zeiten erhältlich war.


Wir müssen auch keine Vorräte anlegen,

weil es Mohrrüben, Zwiebeln oder Kartoffeln

im Supermarkt oder im Bioladen

das ganze Jahr über zu kaufen gibt.


Wir leben in einem reichen Land

und die meisten von uns haben mehr als genug zu essen.

Dafür können wir dankbar sein,

und heute sind wir es auch:

Heute sagen wir Gott Danke für die Fülle,

aus der wir schöpfen und leben können:


Danke für …


    (Früchte aufzählen und ggf zeigen,

    die um den Altar herum aufgebaut sind)


Wir haben nicht nur genug zu essen.

Wir haben auch Wohnungen oder Häuser,

wir haben es warm im Winter,

wir haben sauberes, fließendes Wasser,

Strom für Licht und für viele elektrische Geräte,

die uns das Leben leichter machen.


Die meisten von uns haben ein Auto zur Verfügung

oder ein Fahrrad.

Es gibt Busse und Bahnen, wenn auch nicht immer pünktlich.

Kinder können in den Kindergarten

und später in die Schule gehen;

können dann eine Ausbildung machen oder studieren.


Es gibt Ärztinnen und Ärzte, ein Krankenhaus in der Nähe.

Die Polizei beschützt uns.

Versicherungen helfen uns,

wenn ein Unfall passiert oder etwas kaputt geht.

Wer nicht arbeiten kann, bekommt Hilfe vom Staat,

und wer lange gearbeitet hat, bekommt Rente oder Pension.


Es kann einem ganz schwindlig werden

bei dieser Aufzählung.


Und dabei ist das noch längst nicht alles,

sondern nur ein kleiner Teil der Dinge,

die für uns selbstverständlich sind,

die viele andere Menschen aber nicht haben

und die auch viele von uns früher nicht hatten.


Vielleicht geht es uns manchmal wie dem reichen Mann:

Wir haben so viel und wissen gar nicht,

was wir mit all dem Überfluss anfangen sollen.

So vieles landet im Müll,

was andere noch gut gebrauchen könnten.

So viel Essen wird weggeworfen,

obwohl es gar nicht schlecht ist.


Vielleicht kann uns die Geschichte

von dem armen reichen Mann einen Hinweis geben,

was wir mit unserem Überfluss anfangen könnten.

So geht sie weiter:


Der arme reiche Mann,

dessen Scheunen zu klein waren für seine reiche Ernte,

hatte eine Idee. Er sagte sich:

Ich reiße die alten Scheunen ab und baue neue.

Da habe ich Platz für die ganze Ernte.

Ich habe so viele Vorräte, ich muss mir keine Sorgen mehr machen:

Sie werden für viele Jahre reichen.

Jetzt kann ich mein Leben genießen!


Der Reiche Bauer lebt im Überfluss, wie wir.

Auch wir könnten unser Leben genießen.

Und das tun wir auch:

Wir fahren in Urlaub,

wir machen uns unser Zuhause schön,

wir haben Spielzeug, Computer, Handys und Fernseher.

Wir treiben Sport - segeln, rudern, radeln oder wandern.

Oder wir erholen uns in unserem Garten.


Trotzdem sind viele Menschen unzufrieden.

Weil vieles teurer geworden ist.

Weil wir vielleicht etwas ändern,

weil wir unsere Gewohnheiten ändern müssen,

damit der Klimawandel nicht noch schlimmer wird.

Oder weil Menschen aus anderen Ländern zu uns kommen,

die auch gern so im Überfluss, so sorglos leben würden wie wir.


Obwohl wir alles haben, sind wir unzufrieden.

Irgendwas fehlt noch - aber was?


Wenn man alles hat, merkt man irgendwann,

dass Überfluss und Reichtum allein

noch nicht zufrieden machen.

Um wirklich zufrieden zu sein braucht man etwas,

das man für Geld nicht kaufen kann:


Gesundheit.

Freundschaft.

Liebe.


Eine sinnvolle Arbeit, die Freude macht.

Mitspracherecht.

Anerkennung und Respekt.


So geht es auch dem armen reichen Mann:

Eigentlich kann er sich zurücklehnen,

weil er so viele Vorräte hat.

Er braucht sich keine Sorgen mehr zu machen.

Er müsste glücklich sein.

Aber in der Nacht hat dieser Mann einen Traum.


Gott sagt zu ihm: Du glaubst, du hast ausgesorgt

und hast alles, was du zum Glück brauchst?

Was aber, wenn du heute Nacht krank wirst,

oder wenn du sogar stirbst!?

Was wird dann aus dem, was du gesammelt hast?


Es ist schön, wenn man sich keine Sorgen machen muss.

Es ist toll, wenn man sich kaufen kann, was man möchte,

und eine große Auswahl hat.

Aber es macht nicht glücklich.


Was uns glücklich macht und uns erfüllt,

kann man mit Geld nicht kaufen.

Es wird uns von anderen Menschen geschenkt:

Von Eltern und Großeltern;

von dem Menschen, den wir lieben;

von unseren Kindern;

von Freundinnen und Freunden;

von Menschen, denen wir helfen können

und von Menschen, die uns helfen.


Weil uns das wichtigste im Leben

von anderen Menschen geschenkt wird,

darum können wir abgeben und teilen.

Darum können wir auf vieles verzichten,

was dem Klima schadet.

Es ist zwar bequem, aber es macht uns nicht glücklich

und ist auch nicht wirklich wichtig.


Das wichtigste im Leben wird uns geschenkt:

Daran erinnern wir uns heute, an Erntedank,

und dafür sagen wir Danke.


Dafür sagen wir Gott Danke,

denn Gott schenkt uns nicht nur,

was wir zum Leben brauchen -

uns und allen Geschöpfen auf dieser Erde.


Gott schenkt uns seinen Sohn.

Von ihm werden wir geliebt, wie wir sind.

Durch ihn wird uns vergeben,

wenn wir etwas falsch gemacht,

jemanden verletzt haben.


In ihm finden wir die Fülle,

die Erfüllung unseres Lebens,

die uns frei macht, abzugeben und zu teilen,

was wir im Überfluss haben.


Heute sagen wir Danke:

Danke, Gott, für dein Geschenk des Lebens.

Danke, dass wir alles haben, was wir zum Leben brauchen.


Danke, dass du uns Menschen zur Seite stellst,

die wir lieben und die uns lieben.


Danke, dass du uns deinen Sohn schenkst,

der mit uns durchs Leben geht. Amen.