Sonntag, 24. Dezember 2023

Grund zum Loben

Predigt am Heiligen Abend, 24.12.2023, über Lukas 2, 13ff

Liebe Schwestern und Brüder,


es wird viel gelobt in der Weihnachtsgeschichte,

ist Ihnen das schon aufgefallen?

Die Menge der himmlischen Heerscharen lobt Gott:

GLORIA IN EXCELSIS DEO - „Ehre sei Gott in der Höhe”.

Und auch die Hirten,

nachdem sie das Kind in der Krippe gesehen hatten,

„priesen und lobten Gott”,

vielleicht mit den selben Worten:

GLORIA IN EXCELSIS DEO.


Nun haben weder die Engel noch die Hirten

damals Latein gesprochen -

das heißt, bei den Engeln bin ich mir nicht sicher,

immerhin war Latein über viele Jahrhunderte die Kirchensprache.

So fremd das Lateinische für uns klingt

und so wenig wir es verstehen,

so fremd ist uns auch das Lob Gottes.

Dabei haben wir Gott gerade eben selbst gelobt:

„Lobt Gott, ihr Christen alle gleich” haben wir gesungen.

Aber war uns das bewusst?

Wussten wir, was wir da taten, als wir vom „Loben” sangen?


Gemeinhin wird gelobt, wer etwas gut gemacht hat.

Dann gibt es freundliche Worte

und vielleicht sogar ein Fleißbienchen.

Oft wird man auch gelobt,

wenn man tat, was andere wollten:

„Fein, wie du dein Zimmer aufgeräumt hast!”


Auch ein Hund wird dafür gelobt,

dass er das Stöckchen bringt

oder kommt, wenn man ihn ruft.

Das Lob soll ihn dazu anspornen,

es nächstes Mal genauso zu machen.


Aber, Sie merken schon, das kann nicht gemeint sein,

wenn wir vom Lob Gottes sprechen.

Das Lob, um das es an Weihnachten geht,

muss noch etwas anderes sein.

So, wie es sich in der Weihnachtsgeschichte anhört,

ist es ein Jubeln vor Freude

über etwas Unerwartetes, Wunderbares.

Gott loben, das ist eigentlich ein Freudenschrei: Halleluja!


Dabei gibt es in unserer Welt zur Zeit keinen Grund zur Freude.

Es herrscht Krieg in der Ukraine und in Israel.

An vielen weiteren Orten in der Welt

gibt es Gewalt, Unterdrückung und Unfreiheit.

Unser Klima verändert sich -

das Wetter wird extremer, die Temperaturen steigen.

Auch das Klima unserer Gesellschaft verschlechtert sich:

Unterschiedliche Meinungen verhärten sich zu Fronten.

Politische Gegner reden nicht mehr miteinander,

ringen nicht mehr um einen Kompromiss,

hören einander nicht mehr zu.

Die Kluft zwischen Arm und Reich wird breiter und breiter.

Der Hass auf Geflüchtete ist groß,

ebenso der Antisemitismus.

Man könnte noch viel mehr aufzählen,

was gegen ein Jubeln an Weihnachten spricht.


Trotzdem - obwohl wir das ja wissen,

uns Sorgen um die Zukunft machen,

unter dem Zustand der Welt und unserer Gesellschaft leiden -

trotzdem ist uns an Weihnachten zum Jubeln zumute,

zum Lob Gottes - Gott sei Dank!


Was aber könnte der Grund für die Freude und das Lob sein,

wenn es um unsere Welt so schlecht bestellt ist?

Für die himmlischen Heerscharen ist es die Geburt des Heilandes,

des Christus.

Und für die Hirten ist es diese Botschaft des Engels:

„Euch ist heute der Heiland geboren”,

und dass sie den Heiland, das Kind in der Krippe, gesehen hatten:

Er ist tatsächlich gekommen!


Heiland, ein altes Wort, das man heute nicht mehr benutzt,

weil es ausschließlich den in die Welt gekommenen

Sohn Gottes bezeichnet.

Es stammt vom griechischen und lateinischen Wort für „Retter” ab.

Von diesem Retter singen wir an Weihnachten:

„Christ, der Retter ist da! ”


Ein kleines Kind in der Krippe soll unser Retter sein?

Ein Kind soll uns, unsere Gesellschaft, unsere Welt retten?

Was auf den ersten Blick unmöglich, geradezu unsinnig erscheint,

erweist sich als der einzige Weg,

wenn man genauer darüber nachdenkt:


Wer, wenn nicht ein kleines, neu geborenes Kind,

soll uns die Liebe lehren?

Die Liebe zu jedem Menschenkind,

dessen Leben genauso wertvoll und unersetzlich ist

wie unser Leben und das unserer Kinder.


Wer, wenn nicht das Kind in der Krippe,

soll uns Behutsamkeit lehren?

Rücksicht, Verantwortung und Sorge

für jeden Menschen, jedes Lebewesen dieser Erde?


Wer, wenn nicht der neu geborene Heiland,

bringt uns dazu, Streit, Hass, Gewalt und Krieg

beenden zu wollen,

damit dieses Kind nicht voller Schrecken erwachen muss?


Und wer sollte in uns den Wunsch wecken,

unsere Erde und das Leben auf ihr

für zukünftige Generationen zu erhalten,

wenn nicht das Christus-Menschenkind,

das uns heute so bewegt und anrührt

und uns damit spüren lässt,

wie wertvoll und wie schützenswert das Leben ist.


Das ist die Macht des Kindes in der Krippe,

die jede:n ergreift, die | der dieses Kind ansieht.

Wer das Kind in der Krippe ansieht,

dem geht das Herz auf.

Der möchte diesem Kind Gutes tun.

Die möchte die Welt zu einem guten,

lebenswerten Ort machen für dieses Kind.


Den bringt das Kind zum Jubeln vor Freude.

Denn auf einmal ist es nicht mehr nur ein Traum.

Es ist nicht mehr undenkbar, unmöglich,

sondern scheint zum Greifen nah:

Friede auf Erden.


Friede auf Erden wird erreicht

durch Freundlichkeit, Verständigung,

Mitgefühl und Gerechtigkeit.

Die Welt und alles, was auf ihr lebt,

kann dadurch gerettet werden.


Wir sehen, dass es möglich ist,

wenn wir das Kind in der Krippe ansehen.

Und wir erkennen mit einem Mal,

dass es uns möglich ist,

dass wir es in der Hand haben.


Wie ein kleines Baby in der Krippe

uns und die ganze Welt retten kann,

so macht die kleinste gute Tat, die wir vollbringen,

einen gewaltigen Unterschied.

Wie ein Stein, den man ins Wasser wirft,

zieht sie Kreise, die andere aufwecken

und ihnen Mut machen, es uns gleich zu tun.


Das Kind in der Krippe lässt uns darauf vertrauen,

dass Friede auf Erden kein Traum bleiben muss.

Dieser Friede beginnt damit,

dass dieses Kind uns Frieden schenkt,

wenn es uns freundlich ansieht

und uns spüren lässt, dass Gott uns liebt.

Gott liebt uns so, wie wir sind.

Gott umgibt, umhüllt uns mit seiner Liebe,

sodass wir davon erfüllt sind.

Seine Liebe strahlt aus uns heraus, fließt über auf andere

und wird doch niemals weniger.


Das ist ein Grund zur Freude,

zum Lob Gottes, zum Jubeln:

GLORIA IN EXCELSIS DEO!

Ehre sei Gott in der Höhe

und Friede auf Erden

bei den Menschen, die er liebt.