Samstag, 21. Oktober 2017

Der Wirt verteidigt sich

Krippenspiel für Erwachsene: Der Wirt verteidigt sich
Frei nach Charly Clerc, Der Herbergswirt verteidigt sich. Ein Geschichtenkreis. Köln 1960

Personen:
Wirt
Wirtin
Maria
Josef
Caspar - stumme Rolle
Melchior
Balthasar - stumme Rolle
Hirten - stumme Rollen
Engel

1. Die Wirtsleute erinnern sich
Wirt sitzt im Sessel mit Blick zum Publikum, in der Hand eine Fernbedienung. Schaut in einen Fernseher, der vor ihm steht.

Wirtin: Na, guckst du wieder Sportschau?
Wirt: Nein, ich schaue mir eine DVD mit Bildern unserer alten Herberge an.
Wirtin: Das „König David Hotel“ in Bethlehem?
Wirt: Ja.
Wirtin: Ich war ja immer der Meinung,
dass der Name ziemlich hochtrabend klingt.
Wirt: Na, hör mal, schließlich wurde in diesem Haus König David geboren!
Wirtin: So erzählte man sich. Beweise gibt es keine.
Wirt: (zeigt auf den Fernseher)
Hier, sieh mal, das ist die Marmortafel,
die ich direkt überm Eingang anbringen ließ:
„In diesem Haus wurde 2761 Jahre nach Erschaffung der Welt unser König David geboren,  König über ganz Israel“.
Wirtin: Hat dich eine schöne Stange Geld gekostet.
Wirt: Aber es hat sich gelohnt!
Wie viele Touristen wir als Gäste hatten!
Ob die Tafel wohl noch hängt?
Wirtin: Warum sollte sie jemand abgenommen haben?
Wirt: Du hast recht.
Schade, dass wir die Herberge aufgeben mussten.
Wirtin: Hätten wir damals bloß nicht diesen Fehler gemacht!
Wirt: Bitte, erinnere mich nicht daran!
Wirtin: Doch, wir müssen uns daran erinnern, gerade heute.
Wirt: Ich könnte mir jetzt noch die Haare ausraufen, wenn ich daran denke.
Wir hätten das Geschäft unseres Lebens gemacht!
Wirtin: Hätten. Aber wir haben nicht. Und nun ist es zu spät.

(Wirtin, Wirt stehen auf, tragen Fernseher und Sessel zur Seite)

2. Herbergssuche
Maria und Josef treten auf.

Maria: Josef, ich will dich ja nicht drängeln.
Aber wenn wir nicht bald eine Unterkunft finden,
bekomme ich das Kind hier auf der Straße.
Josef: An wie viele Türen haben wir schon geklopft, Maria!
Nirgends ist ein Zimmer frei.
Ganz Israel scheint auf den Beinen zu sein.
Maria: Josef, das ist mir ziemlich egal.
Ich brauche ein Bett. JETZT!!!
Josef: Beruhige dich, Maria. Da ist noch eine Herberge:
Das „König David Hotel“.
Klingt ziemlich vornehm.
Ob wir uns das leisten können?
Maria: Die werden doch wohl eine Schwangere nicht von ihrer Schwelle weisen!
Und ein paar Schekel haben wir ja noch.
Die waren zwar für Windeln gedacht, aber jetzt ist sowieso alles egal.
Wenn ich nur ein Bett bekomme.
Josef: Ich frage sofort nach, Maria!
(klopft an)
Wirt: (öffnet)
Guten Abend, die Herrschaften!
Womit kann ich dienen?
Josef: Wir … meine Frau … Sie sehen ja …
Es ist dringend! Das Kind kommt!
Wirtin: (kommt hinter dem Wirt hervor)
Oh je, oh je, Sie Ärmste!
(zum Wirt)
Geben wir ihnen das Extrazimmer.
Wirt: (beiseite)
Bist du verrückt! Um diese Zeit?
Du weißt doch, die reichen Gäste kommen immer erst spät in der Nacht.
Wenn wir für einen von denen kein Zimmer haben,
entgeht uns der Verdienst einer ganzen Woche!
Diese Leute hier sind arm dran, aber sie haben sicher nur ein paar Schekel.
(laut, zu Josef und Maria)
Ach, das tut mir schrecklich leid!
Wir sind leider komplett ausgebucht.
Ich würde Ihnen so gern helfen, aber leider …
Josef: Haben Sie doch Erbarmen mit uns!
Das Kind kann jeden Augenblick kommen!
Wirtin: (zieht Wirt am Ärmel)
Wie ist es mit dem Stall?
Wirt: Der Stall?
Wirtin: Ja! Das Vieh ist doch noch auf der Weide,
das Stroh ist einigermaßen frisch.
Du gibst ihnen eine Laterne und ein paar Decken mit.
Wirt: Gute Idee! Dafür können sie uns auch etwas zahlen.
(laut)
Also, ein Zimmer haben wir leider nicht mehr.
Aber einen Stall …
Maria: (macht ein langes Gesicht)
Ein Stall!? Seid Ihr denn …
Josef: (unterbricht sie, zum Wirt) 
Einen Moment, bitte!
(zu Maria, dringlich)
Erinnere dich daran, wo wir überall schon waren!
Wir finden keine Unterkunft mehr.
Ein Stall ist sicher nicht bequem, aber wir sind geschützt.
Und die Wirtsleute werden uns aushelfen.
Sie sind doch eigentlich ganz nett.
Maria: Nett? Pah!
Josef: (zum Wirt)
Vielen Dank! Wir würden gern den Stall nehmen,
wenn Ihr keine andere Unterkunft für uns habt.
Wirtin: Der Stall ist in Ordnung, ihr werdet sehen!
Mein Schwager hat ihn gerade renoviert.
Es zieht nicht, und sauber ist er auch.
Wir geben euch auch eine Laterne und Decken mit.
Wirt: Das macht dann 10 Schekel.
Wenn ich um Vorkasse bitten dürfte …
(hält die Hand auf)
Josef: (zählt ihm 10 Münzen in die Hand)
Ganz schön happig für einen Stall!
Wirt: Dafür frisch renoviert!
Eine gute Nacht, und alles Gute für Ihre Frau!
Josef: Danke!

(Maria und Josef gehen nach hinten, wo eine Krippe und zwei Stühle stehen. Nehmen Platz)

3. Die Geburt
Hirten finden sich am Stall ein, bilden einen Halbkreis um die Krippe.

Wirtin: (Schaut hinüber zur Krippe, zum Wirt)
Du, das ist ganz schön was los in unserem Stall!
Wirt: Was soll denn da los sein?
Wahrscheinlich ist das Kind zur Welt gekommen.
Wirtin: Nein, ich meine den Menschenauflauf.
Und es werden immer mehr.
Wirt: Lass mich mal sehen.
(Wirtin tritt zur Seite)
Du meine Güte! Man könnte meinen, ganz Bethlehem ist auf den Beinen!
Und was machen die Hirten da?
Die sollen doch auf unser Vieh aufpassen!
Na, denen werde ich aber Beine machen!
Wirtin: Das lässt du schön bleiben!
Wir warten erst mal ab.
Es muss etwas Besonderes mit dieser Geburt sein,
wenn sie so viele Menschen anzieht.
Wirt: Sag mal, wie viele Laternen hast du den beiden eigentlich mitgegeben?
Wirtin: Na, die eine nur, warum fragst du?
Wirt: Weil es jetzt auf einmal ganz hell ist in unserm Stall,
als würden dort zehn Laternen brennen.
Wirtin: Komm, das sehen wir uns aus der Nähe an!
Schließlich ist es unser Stall, in dem das Kind zur Welt gekommen ist!
Ich nehme auch noch ein paar alte Windeln mit.
Sie sind von unserem Ältesten, sind noch so gut wie neu.

(Wirtin, Wirt gehen zur Krippe. Stellen sich hinter die Hirten)

4. Die Könige
Die Heiligen Drei Könige kommen. Sie tragen Geschenke vor sich her.

Wirt: Sieh nur, Frau, die hohen Herren!
Was die wohl hier wollen?
Wirtin: Sie gehen zum Kind! Sieh nur, sie geben ihm ihre Geschenke!
Das glänzt wie Gold und duftet nach Weihrauch und Myrrhe!
Was für Kostbarkeiten.
Davon wäre sicher etwas für uns abgefallen,
wenn du den beiden das Zimmer gegeben hättest!
Wirt: Das konnte ich doch nicht ahnen!
Aber warte, du hast einen klugen Mann geheiratet:
Die reichen Herrschaften werden schließlich irgendwo übernachten müssen.
Denen bieten wir das freie Zimmer an, und unser Schlafzimmer.
Und dann werden wir reich!
Wirtin: Eine gute Idee, lieber Mann.
Da kommt einer der Herrschaften.
Los, sprich ihn an!
(Melchior tritt aus dem Kreis um die Krippe heraus und geht auf die Wirtsleute zu)
Wirt: Einen guten Abend, werter Herr!
Euer ergebendster Diener lädt euch ein,
Gast zu sein in meinem bescheidenen Hause.
Es ist jenes Haus dort, das „König David Hotel“.
König David wurde dort geboren.
Eine wahrhaft würdige Unterkunft für Könige wie Euch!
Ich lasse Euch mein bestes Zimmer herrichten.
Melchior: (mustert die Wirtsleute verächtlich)
Euer bestes Zimmer?
Das hättet Ihr diesem Paar geben sollen!
Für den König, der hier zur Welt kam,
wäre zwar selbst das prächtigste Zimmer noch zu gering.
Aber es wäre allemal besser,
als auf Stroh in einem Stall zur Welt zu kommen.
Ihm hättet Ihr Euer Zimmer geben sollen.
Ich brauche Eure Unterkunft nicht!
(Melchior geht zurück zur Krippe)
Wirt: Oh je, oh je, was habe ich getan!
Wir sind ruiniert!
Wirtin: Das ist ja nun nicht mehr zu ändern.
Wir konnten ja nicht wissen,
wer da heute Nacht geboren wird!

5. Besuch
Wirtin und Wirt bauen Fernsehsessel und Fernseher wieder auf.
Wirt setzt sich in den Sessel, Wirtin stell sich neben ihn.

Wirt: Jetzt ist so viel Zeit vergangen,
und ich könnte mich immer noch ohrfeigen.
Wirtin: Wegen des Geldes, das uns entgangen ist?
Weil wir die Herberge aufgeben mussten?
Wirt: Ach, die Herberge, das Geld …
Uns geht es ja jetzt auch gut.
Ich ärgere mich, dass ich damals nicht gemerkt habe,
wer die beiden waren. Und wer der war, der da geboren wurde.
Wirtin: Wir waren bei der Geburt dabei,
aber wir waren nicht willkommen.
Wirt: Nein, wir waren nicht wollkommen.
Wir konnten nur von ferne zusehen.
Zu uns ist er nicht gekommen, der Sohn Gottes.
Engel: (tritt auf die Wirtsleute zu)
Fürchtet euch nicht!
Wirtin, Wirt: Wir fürchten uns nicht. Wer bist du?
Engel: Ich bringe euch große Freude,
die allem Volk widerfahren wird.
Auch euch ist heute der Heiland geboren,
welcher ist Christus, der Herr.
Er wurde einmal geboren,
damals, in einem Stall in Bethlehem.
Und er wird immer wieder geboren
in den Herzen der Menschen.
Auch heute wird er geboren …
(blickt die Wirtsleute an)
… in euren Herzen …
(blickt in die Gemeinde, breitet die Arme aus)
… und in euren Herzen.
(zu den Wirtsleuten)
Kommt mit mir.
Lasst uns zur Krippe gehen
und das Wunder sehen, das heute geschah.
(Wirtsleute gehen mit dem Engel zur Krippe)